Zusammenfassung
- Anaphite hat 1,4 Millionen Pfund erhalten, um eine innovative Dry Coating-Technologie für Batteriematerialien zu entwickeln.
- Die Dry Coating-Technologie verspricht geringeren Energieverbrauch und Kosteneinsparungen im Beschichtungsprozess von Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) Batterien.
- LFP wird für E-Autos immer wichtiger, da es sicherer und kostengünstiger ist, während die Nachfrage nach umweltfreundlichen Batterien wächst.
- Anaphites DCP®-Technologie könnte die Produktionskosten und den Energieverbrauch senken, was für die Industrie von großem Vorteil wäre.
- Wenn Anaphite erfolgreich ist, könnte dies die gesamte Batterieproduktion revolutionieren und einen Schritt in Richtung nachhaltiger Mobilität darstellen.
Inhaltsverzeichnis
- Anaphite das Start-up im Schatten der Gigafactories
- Anaphite erhält Geld für eine knifflige Mission
- Warum LFP die Branche gerade so elektrisiert
- Das Problem mit den winzigen Partikeln
- Wenn der Prozess klappt, könnte Anaphite viel ändern
- Was nun passieren soll
- Fazit: Ein kleiner Schritt für das Start-up Anaphite, ein möglicher Sprung für die Batterieindustrie
Wer heute ein Elektroauto kauft, denkt selten darüber nach, wie viel Energie eigentlich in der Produktion der Batterie steckt. Doch genau dort, tief in den Werkhallen der Zellhersteller, entscheidet sich, ob E-Mobilität wirklich klimafreundlich ist – und ob sie bezahlbar bleibt. Ein kleines Unternehmen aus Bristol behauptet nun, eine der größten Stellschrauben gefunden zu haben. Anaphite hat eine Technologie entwickelt, die das Mischen und Beschichten von Batteriematerialien komplett verändern könnte. Und dafür gab es jetzt 1,4 Millionen Pfund frisches Kapital. Klingt trocken? Ist es auch. Zumindest so lange, bis man versteht, was diese Technologie für die Industrie bedeuten könnte.

Anaphite das Start-up im Schatten der Gigafactories
Anaphite ist kein Name, der außerhalb der Batteriewelt bisher große Wellen geschlagen hat. Das Team sitzt unscheinbar in Bristol, weit weg von den gigantischen Gigafactories in Asien und den USA. Und doch könnte genau dort etwas entstehen, das diese Fabriken in den kommenden Jahren dringend brauchen: ein neues Verfahren für die sogenannte Dry Coating-Technologie.
Was steckt dahinter? Batteriezellen brauchen beschichtete Elektroden, und das bisherige Verfahren arbeitet meist nass. Dabei werden pulverförmige Stoffe – aktive Materialien, Bindemittel, Zusatzstoffe – in eine Flüssigkeit gemischt, anschließend als Paste auf Folien gestrichen und später wieder getrocknet. Ein Prozess, der viel Energie frisst, teuer ist und Unmengen an Lösemitteln erfordert.
Dry Coating dagegen macht das Gleiche – nur ohne Flüssigkeiten. Die Vorteile liegen auf der Hand: weniger Energie, weniger Materialeinsatz, weniger Kosten. Dass das noch kaum ein Hersteller in großem Stil hinbekommt, liegt vor allem an der Komplexität der Materialien. Genau an diesem Punkt setzt Anaphite an.

Anaphite erhält Geld für eine knifflige Mission
Nun hat das Unternehmen 1,4 Millionen Pfund erhalten. Die Hälfte kommt als Fördergeld von Innovate UK, der Rest von zwei investorengetriebenen Klimafonds: Elbow Beach und dem bekannten World Fund. Die Summe ist Teil eines Series-A-Follow-on und soll dazu dienen, Anaphites eigene Dry Coating Precursor Technologie – kurz DCP® – auf ein neues Materialsystem auszuweiten: Lithium-Eisen-Phosphat, besser bekannt als LFP.
Warum LFP? Weil diese Batterietechnologie sich gerade rasant vom Nischenprodukt zur Massenchemie entwickelt. Laut Studien soll LFP bis 2030 mehr als die Hälfte der globalen Kathodenproduktion ausmachen. Tesla nutzt LFP schon seit Jahren in Standardmodellen. Chinesische Hersteller wie BYD sowieso.
Der Haken: Das Beschichten von LFP mithilfe von Dry Coating ist noch schwieriger als bei Nickel-Mangan-Kobalt-Chemien (NMC). „Wir greifen eines der härtesten technischen Probleme in der Trockenbeschichtung an“, sagt Anaphite-CEO Joe Stevenson. „Wenn wir das skalierbar schaffen, wird es enorm wertvoll für die Industrie.“

Warum LFP die Branche gerade so elektrisiert
Um zu verstehen, weshalb die Industrie gerade so nervös und gleichzeitig so interessiert ist, lohnt ein kurzer Blick auf das Material. LFP hat eine geringere Energiedichte als NMC. Ein LFP-Akku ist also etwas schwerer bei gleicher Reichweite. Lange galt das als Nachteil. Doch die Zeiten ändern sich.
Moderne LFP-Generationen – intern Gen IV genannt – sind deutlich besser geworden. Sie sind sicherer, vertragen hohe Ladezyklen und kosten weniger, da sie ohne Nickel und Kobalt auskommen. Vor allem aber brauchen sie kein aufwendiges Thermomanagement wie klassische NMC-Zellen. Genau diese Vorteile machen die Chemie attraktiv für Massenmodelle und für stationäre Batteriespeicher (BESS), die in Großkraftwerken als Puffer dienen.
Mit dem EU-Verbot für neue Verbrenner ab 2035 steigt der Druck auf Hersteller, E-Autos günstiger, robuster und umweltfreundlicher zu bauen. Der Trend zur LFP-Zelle kommt also nicht von ungefähr.
Das Problem mit den winzigen Partikeln
So viel zur Marktdynamik. Jetzt zum eigentlichen Kern des Problems: LFP-Pulver ist viel feiner als NMC. Die Partikel liegen teils unter einem Mikrometer. Je kleiner die Partikel, desto größer die Oberfläche. Und je größer die Oberfläche, desto schwieriger wird es, sie gleichmäßig zu mischen und zu beschichten – besonders ohne Flüssigkeit.
Wie schwierig? Ein Vergleich hilft: Während NMC-Partikel sich beim Trockencoating in etwa so verhalten wie herkömmliches Mehl, ist LFP eher wie extrem feiner Kakao, der überall statisch klebt. Ein homogenes Gemisch nur durch „trockene“ mechanische Prozesse hinzubekommen, ist wie der Versuch, Kakaopulver ohne Rühren auf einen Kuchen zu bekommen. Die Chancen stehen schlecht.
Anaphite behauptet jedoch, eine Art Lösung gefunden zu haben. Die DCP®-Technologie bindet die Zusatzstoffe – etwa leitfähige Kohlenstoffpartikel und Polymere – direkt an die aktive Partikeloberfläche. Das sorgt für eine gleichmäßigere Verteilung und stabilere Filme auf den Kathodenfolien. Was im Labor funktioniert, soll nun in roll-to-roll-Prozessen demonstriert werden, also in der Fertigung auf industriellen Maschinen.

Wenn der Prozess klappt, könnte Anaphite viel ändern
Die möglichen Auswirkungen sind groß. Denn das Mischen und Beschichten macht 30 bis 40 Prozent der Produktionskosten einer Batteriezelle aus – und den größten Teil des Energieverbrauchs. LFP ist bereits heute doppelt so energieintensiv wie NMC, wenn es um die Herstellung geht. Eine Prozessinnovation, die diesen Bereich drastisch reduziert, wäre für Hersteller ein Quantensprung, finanziell wie ökologisch.
Der klimabezogene Nutzen spielt auch für die Investoren eine Rolle. „Anaphites Technologie ist breit einsetzbar und kann die Kosten für Batterien weltweit senken“, sagt Craig Douglas vom World Fund. Elbow-Beach-Chef Jonathan Pollock geht noch weiter: „Die Zukunft des Fahrens ist elektrisch. Wir brauchen günstige und klimafreundliche Batterien. Genau dort setzt Anaphite an.“
Was nun passieren soll
Das neue Kapital fließt vor allem in die Skalierung: Anaphite will komplette LFP- und Graphitanoden-Elektroden im Trockenverfahren herstellen, sie in vollen Zellen testen und die Ergebnisse OEM-Partnern vorlegen. Nur wenn die sogenannten First-Cycle-Effizienz und die Lebensdauer überzeugen, hat das Verfahren eine Chance in der Industrie.
Gelingt das, könnte Anaphite nicht nur die Produktion von LFP-Zellen verändern, sondern die ganze Debatte um nachhaltige Batterien einen Schritt voranbringen. Denn Technik, die Kosten senkt und gleichzeitig CO₂ spart, ist selten – und extrem gefragt.

Fazit: Ein kleiner Schritt für das Start-up Anaphite, ein möglicher Sprung für die Batterieindustrie
1,4 Millionen Pfund sind in der Welt der Batterieproduktion ein eher bescheidener Betrag. Doch für Anaphite könnte genau dieses Geld den entscheidenden Unterschied machen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob das Unternehmen tatsächlich eine Schlüsseltechnologie entwickelt hat oder ob die Herausforderungen doch zu groß sind.
Fest steht: Die Nachfrage nach besseren Herstellungsverfahren steigt. Die Autoindustrie braucht Lösungen, die den CO₂-Fußabdruck der Batterien senken. Die Politik macht Druck. Und die Konsumenten wollen günstigere E-Autos.
Genau zwischen diesen Fronten steht ein kleines britisches Start-up, das sich vorgenommen hat, eine der härtesten technischen Nüsse der Branche zu knacken. Sollte ihm das gelingen, könnte die Zukunft der Batterieproduktion tatsächlich ein bisschen trockener – und damit deutlich grüner – werden.



