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Es gibt Momente in der Autobranche, in denen Zahlen plötzlich mehr sind als Zahlen. 100.000 produzierte Fahrzeuge in nur 15 Monaten zum Beispiel. Eine Marke, die zeigt, wie schnell sich ein Trend in einen echten Umbruch verwandeln kann. Genau das ist in Douai passiert, mitten im Norden Frankreichs, wo der Renault 5 E-Tech elektrisch seit seinem Produktionsstart im vergangenen Jahr ein Werk in Dauerbetrieb versetzt – und ganz nebenbei zum Liebling der europäischen Elektroauto-Käufer geworden ist, da er Made in France ist.
Der kleine Stromer läuft so gut, dass in der Fabrik inzwischen fast im Minutentakt ein neuer Renault 5 vom Band rollt. Täglich rund 900 Fahrzeuge, zwei Drittel davon das Revival des Kultmodells aus den 70er-Jahren. Und der Erfolg kommt nicht nur mit Applaus aus Frankreich: Schon jetzt trägt der Renault 5 den Titel „Car of the Year 2025“ – ein Ritterschlag, den sonst eher große, technisch komplexe Modelle abräumen. Dieses Mal aber jubelt ein Kleinwagen.
Ein Werk im Hochleistungsmodus
Wer das Werk in Douai betritt, merkt schnell, dass hier kein normaler Fabrikalltag läuft. Drei Schichten, sechs Modelle auf einer Produktionslinie, Roboter, die wirken, als hätten sie alle zusammen einen Energiesparvertrag unterschrieben. Neben dem Renault 5 entstehen hier auch der Megane E-Tech, der Scenic E-Tech, die Alpine A290 sowie der Nissan Micra und der Mitsubishi Eclipse Cross. Für eine einzige Fertigungsstraße ist das ein ziemliches Kunststück.
Werkleiter Pierre-Emmanuel Andrieux bringt es nüchtern, aber sichtbar stolz auf den Punkt: „Dass wir diesen Meilenstein von 100.000 produzierten Fahrzeugen schon rund ein Jahr nach Marktstart erreichen, zeigt das Engagement unserer Teams und das Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden.“
Der Satz wirkt wie eine Einladung, genauer hinzusehen. Denn das Werk hat in den vergangenen Monaten und Jahren einen tiefgreifenden Wandel vollzogen – so steht es auch in der eigenen Kommunikation. Statt klassischer Verbrennermodelle dominiert hier heute die Fertigung elektrischer Fahrzeuge. Der Umbau ist nicht nur technischer Natur, sondern auch ein kultureller Schritt für die Belegschaft, die sich auf neue Prozesse, neue Technologien und eine neue industrielle Identität eingelassen hat.
Douai gilt inzwischen als Herzstück der Ampere ElectriCity – Renaults strategischem Produktionsnetz für Elektrofahrzeuge. Was hier passiert, zeigt, wie ein etabliertes Industriezentrum in kurzer Zeit Kurs auf eine elektrische Zukunft nehmen kann.

Made in France – und zwar sichtbar
Das Label „Made in France“ ist im Automarkt längst ein Qualitätsmerkmal, aber erst recht ein politisches Statement. Renault lässt deshalb keine Gelegenheit aus, den Ursprung seines Bestsellers hervorzuheben. Der Renault 5 trägt seit 2024 sogar das Herkunftssiegel „Origine France Garantie“.
Die Lieferkette rund um die Ampere ElectriCity ist extrem regional angelegt: Zwei Drittel der Zulieferer sitzen in einem Radius von 300 Kilometern rund um Douai. Darunter das Werk Cléon, das die Elektromotoren baut. Auch die Kundschaft ist oft nicht weit weg – die meisten Käufer leben im Umkreis von 1.000 Kilometern. Die Botschaft: kurze Wege, geringere Transportemissionen, schnelle Reaktionsketten und eine Stärkung der regionalen Produktion.
Zum Standortverbund gehören außerdem Maubeuge, wo ab kommendem Jahr der Renault 4 E-Tech elektrisch entsteht, und Ruitz, das Zahnräder für Hybrid- und Elektrogetriebe fertigt und Batteriegehäuse produziert.
Für Anne-Catherine Brieux, verantwortlich für die industriellen Abläufe bei Ampere und Alpine, ist dieses Netzwerk ein Paradebeispiel lokaler Wertschöpfung. Ihrer Einschätzung nach zeigt der Renault 5, wie ein Kultmodell wirtschaftliche Stärke, Innovationskraft und regionale Identität verbinden kann. „Dieses Projekt ist mehr als ein industrieller Erfolg, es ist ein kollektives Abenteuer“, sagt sie.

Made in France ein kleiner Franzose, der Europa aufmischt
Der Renault 5 sorgt nicht nur im Werk für Rekorde. Auf dem europäischen Markt mischt er seit Monaten ganz vorne mit. Im sogenannten Elektro-B-Segment – also den kleineren, städtetauglichen Stromern – führt er das Feld an. Über alle Segmente hinweg schafft er es immerhin auf Platz zwei der meistgekauften Elektroautos im Privatmarkt Europas.
Frankreich liebt ihn besonders. Seit Jahresbeginn ist der Renault 5 dort das meistgekaufte Elektroauto. Im Herbst kam Großbritannien hinzu, wo er ebenfalls Platz eins erreichte. In den Niederlanden und Spanien führt er sein Segment ebenso an.
Der Erfolg zeigt, wie groß der Bedarf an Elektroautos ist, die nicht überdimensioniert, sondern lebensnah sind. Stadtbewohner brauchen Modelle, die wenig Platz brauchen, leicht zu laden sind und erschwinglich bleiben. Genau in dieser Nische trifft der Renault 5 offenbar den Nerv der Zeit.
Renault bleibt aber nicht auf Europa beschränkt. Der kleine Stromer hat inzwischen Debüts in der Türkei, Israel und Marokko gefeiert. 2026 folgen weitere Märkte. Das Auto, das ursprünglich als europäisches Stadtauto gedacht war, beginnt also, international Fahrt aufzunehmen.

Mehr Komfort, mehr Technik – und etwas fürs Auge
Ab Januar 2026 bringt Renault eine Reihe neuer Funktionen in den Renault 5. Eine davon ist die One-Pedal-Funktion. Damit lässt sich das Auto nahezu vollständig über das Fahrpedal bedienen. Fuß runter: vorwärts. Fuß hoch: das Fahrzeug verzögert bis zum Stillstand. Für Stadtfahrten ist das komfortabel, intuitiv und effizient. Außerdem schont es die Bremsen und verbessert die Reichweite.
Dazu kommt ein neuer Aufmerksamkeitswarner. Er nutzt eine Kamera in der A-Säule und analysiert, ob Fahrerinnen oder Fahrer Anzeichen von Müdigkeit oder Ablenkung zeigen. Solche Systeme waren bisher eher in teuren SUV oder Oberklassefahrzeugen üblich.
Und weil digitale Dienste mittlerweile fest zum Autoalltag gehören, gibt Renault künftig monatlich zwei Gigabyte Datenvolumen für Kundinnen und Kunden mit einem Mobilize-Vertrag. Drei Jahre lang. Das reicht für Navigation, Musikstreaming und gelegentliche Videos – also genau das, was viele im Alltag nutzen.
Wer den eigenen Renault 5 optisch aufpeppen will, kann künftig neue „PoweR5“-Sticker für die hinteren Kotflügel bestellen. Außerdem wird das beliebte „NumbeR5“-Stickerpaket, bisher nur für hochwertigere Varianten, bald auch für die günstigere Evolution-Version angeboten.

Was der Erfolg des Renault 5 bedeutet
Dass ein Kleinwagen zur Symbolfigur der europäischen E-Mobilität wird, ist ein starkes Zeichen. Genau in diesem Segment entscheidet sich, ob Elektroautos beim breiten Publikum ankommen. Modelle unterhalb der Mittelklasse sind für viele Haushalte der realistische Einstieg ins elektrische Fahren.
Für Frankreich ist der Renault 5 Made in France aber noch viel mehr. Er steht für einen industriellen Neustart, für regionale Wertschöpfung und für ein Selbstbewusstsein, das die Automobilbranche lange nicht hatte: Wir können Elektromobilität nicht nur kaufen, sondern produzieren – und zwar im eigenen Land.
Die nächsten 100.000 Fahrzeuge dürften in Douai kaum länger brauchen als die ersten. Vielleicht sogar weniger. Der Renault 5 hat jedenfalls noch lange nicht genug.


